Aktuelle Herausforderungen im B2B-Grosshandel

Mitglieder 07.09.2022

Viele Großhändler kämpfen aktuell mit sprunghaften Einkaufs- und Einstandspreissteigerungen sowie bisher ungekannten Einschränkungen der eigenen Lieferfähigkeit. Das hat Folgen. So sehen 62,4 % der Großhandelsunternehmen laut einer aktuellen Umfrage des ifo Instituts die Notwendigkeit in der nächsten Zeit die Verkaufspreise weiter deutlich zu erhöhen.


Der Zentralverband der Deutschen Elektrotechnischen Handwerke (ZVEH) beklagt in einer Pressemitteilung verärgert, dass Aufträge aufgrund sich verschärfender Lieferengpässe des Großhandels bei nahezu allen relevanten Produkten nicht mehr abgearbeitet werden können.

Die Herausforderungen treffen den Großhandel unvorbereitet - systematische Lösungen sind gefragt.

Diese Situation stellt die Großhandelsunternehmen vor massive Herausforderungen und wirft Fragen auf:

Wie die eigene Preiskalkulation angemessen anpassen, ohne wichtige Kundenbeziehungen zu beschädigen? Welchen Kunden können angesichts der Lieferkettenprobleme Bestellmengen gekürzt werden und welchen im Interesse des eigenen Unternehmens besser nicht?

Veritable Preiserhöhungen waren in den vergangenen 20 Jahren selten, zumeist auf einen überschaubaren Teil des Sortiments begrenzt und damit für die eigenen Kunden, ohne lange währenden Groll, letztlich akzeptierbar. Zuteilungsprobleme größeren Umfangs waren nahezu unbekannt, seit sich zum Ende der 1960er Jahre die Kräfteverhältnisse in fast allen Branchen von den Anbietern zugunsten der Nachfrager verschoben haben.

Den Unternehmen fehlt heute also schlicht die Erfahrung mit diesen Phänomenen. Aus diesem Umstand resultierende Adhoc-Einzelentscheidungen helfen nicht weiter. Es braucht systematische Lösungsansätze, um ein teures Entscheidungsdurcheinander in den Vertriebsteams und Geschäftsbeziehungen auszuschließen.

Wer seine Kunden strukturiert bewertet und priorisiert, trifft bessere Entscheidungen.

Jetzt zeigt sich, wie wichtig aktuell ein wert- und risikoorientiertes Management der Kundenstruktur ist. Denn Kunden sind nicht alle gleich. Weder in ihrem Bedarf oder Bestellverhalten noch - und das ist besonders wesentlich - in ihrer Bedeutung für das eigene Unternehmen. Die Unternehmen, die eine klare Vorstellung davon haben, welche Kunden für sie wertvoll sind und weshalb, sind nun im Vorteil. Denn wer bewertet, kann anschließend auch priorisieren. Also, seine Kunden ihrer Bedeutung nach in Reihenfolge bringen. Sind die Kunden derart sortiert, fallen Entscheidungen, etwa über eine Vorzugsbelieferung oder das Ausmaß von Preiserhöhungen, deutlich leichter und können so im Rahmen eines strukturierten Prozesses getroffen werden.

Dabei sollte sich die Kundenwertbestimmung aus monetären und auch nicht-monetären Größen ermitteln. Der aktuelle Umsatz und Ergebnisbeitrag sind selbstverständlich maßgebliche Wertdimensionen, ebenso wie das monetäre Kundenpotenzial, also der mögliche künftige Umsatz mit einem Kunden, der auch als Customer Lifetime Value ausgedrückt werden kann. Doch die Finance-Perspektive auf den Kundenwert zeigt lange nicht das vollständige Bild. Kunden sind aus vielen weiteren Blickwinkeln wertvoll, oder eben nicht. So kann etwa auch der strategische Kundenwert in die Betrachtung einfließen. Dieser beschreibt, wie gut ein Kunde und sein künftiger Bedarf zur eigenen Strategie und der angestrebten Entwicklung passen. Auch der sogenannte Kundenreferenzwert, der erfasst, wie bedeutsam ein Kunde und seine Strahlkraft für die eigenen Vermarktungsaktivitäten ist, ist eine wichtige nicht-monetäre Wertgröße. Bei einem hohen Referenzwert kann es sich z.B. um die Markt- oder Innovationsführer einzelner Branchen handeln, deren Gewinnung als Türöffner und Wegbereiter zu weiteren Kunden dieser Branche angesehen wird.

Im Umkehrschluss wissen Unternehmen, die ein wertorientiertes Kundenmanagement betreiben auch, welche Kunden für sie einen geringen oder gar keinen Wert haben. Auch diese Erkenntnis macht Entscheidungen einfacher. So kann die aktuelle Situation diesen Unternehmen den geeigneten Anschub geben, sich von ergebnisschwachen und geringwertigen Kunden zu trennen. Diese Kunden sollten aktuell nicht mehr beliefert werden, jedenfalls nicht zum Nachteil der wertvolleren Kunden.

Risiken für die Kundenbeziehung mit „Micro-Strategien“ gezielt managen.

Die teils heftigen und plötzlichen Preissteigerungen in der Beschaffung müssen in der Regel an die eigenen Kunden weitergegeben werden und führen zu Preiserhöhungen im eigenen Sortiment. Und auch hier hilft ein wert- und risikoorientiertes Kundenmanagement bei der Bewältigung. Denn sind sich Unternehmen über ihre Kundenwerte und deren Treiber bewusst, können sie auch Risiken besser erkennen und steuern. Jede Preiserhöhung bei einem Kunden ist ein Risiko für den Absatzerfolg und die Kundenbeziehung. Gut also zu wissen, welchen Kundenwert ich jeweils riskiere und noch besser, sogar zu wissen, wie preissensibel der Kunde einzuschätzen ist. Letzteres meint, eine belastbare Vorstellung davon zu haben, ob ein Kunde eher gute Preise bezahlt oder nicht.

Aus diesen Informationen lassen sich für zu bestimmende, am Wert orientierte Kundengruppen aktivitätsbezogene „Micro-Strategien“ ableiten. Diese bringen dem Vertrieb in seiner aktuellen operativen Arbeit wertvolle Orientierung und Zielklarheit: So kann es sinnvoll sein, die ergebnisschwachen und verzichtbaren Kunden mit höheren Preisanhebungen zu konfrontieren, um sie bei vertretbarem Abwanderungsrisiko in Richtung eines besseren Ergebnisses zu entwickeln. Für wertvolle Kunden, die schon bisher ordentliche Preise akzeptieren, und die das Unternehmen ungern verlieren möchte, wären relativ geringere Preiserhöhungen denkbar.

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Warum der Großhandel mit einem wertorientierten Kundenmanagement gewinnt - Fazit.

Ein systematisches wert- und risikobezogenes Kundenmanagement kann, wie gezeigt, einen starken Beitrag bei der Bewältigung der enormen aktuellen Herausforderungen des Großhandels leisten. Pricing- und Lieferentscheidungen auf der Kundenebene lassen sich so strukturiert und systematisch treffen und es ist sichergestellt, dass in diesen Entscheidungen die Ziele und ökonomischen Interessen des eigenen Unternehmens abgebildet werden.

Wer bereits heute klare Vorstellungen vom grundsätzlichen und auch individuellen Wert seiner Kunden und der relevanten Risiken hat, sollte diese kurzfristig in die operative Kundenarbeit einfließen lassen.

Und wer seine Kunden bisher gar nicht oder lediglich nach dem Umsatz A-B-C klassifiziert, sollte nicht zögern, rasch mit dem Aufbau eines wert- und risikoorientiertes Managements zu beginnen. Der Einsatz lohnt, denn so lassen sich die wichtigen Kundenbeziehungen in diesen ungewöhnlichen Zeiten trotz der vielfältigen Herausforderungen schützen und sichern.

ICH MÖCHTE PREDICTIVE ANALYTICS FÜR DEN B2B-VERTRIEB