Sie lesen Lebensläufe zwischen den Zeilen, hören zu, wenn andere nur filtern – und begleiten Karrieren, bevor sie beginnen. In dieser Special Edition von „Auf einen Kaffee mit …“ treffe ich Beate Scheuermann und Dominik Nunnenmann – das Herz der Fachkräftevermittlung im CyberForum und die unsichtbare Brücke zwischen Fachkraft und Unternehmen. Sie arbeiten wie große Recruiting-Unternehmen: Offene Stellen werden gemeldet, Profile eingereicht – Beate und Dominik bringen dann beide Seiten gezielt zusammen. Der Unterschied? Ihre Erfahrung aus dem Netzwerk, persönliche Gespräche und regionale Nähe – und professionelle Abläufe für die Qualität. Gemeinsam blicken die beiden auf über zehn Jahre Erfahrung mit dem Fachkräftepool zurück. Was sie heute mehr beschäftigt als früher: Der Markt hat sich gedreht. Und auch wenn es inzwischen viele Bewerbende gibt – gutes Matching bleibt die große Kunst.
Von Ariane Lindemann
Ein Markt im Wandel
Noch vor wenigen Jahren klangen Begriffe wie Fachkräftemangel wie ein Dauerbrenner. Heute kehrt sich das Bild – und plötzlich suchen gute Leute dringend nach Jobs. Was ist passiert? „Was wir gerade erleben, ist eine echte Umkehr“, sagt Dominik. „Nicht mehr die Unternehmen suchen verzweifelt nach Bewerbenden – oft ist es andersrum.“ Ein Satz, der aufhorchen lässt. Denn was lange als unausweichlicher Fachkräftemangel galt, verschiebt sich: wirtschaftliche Unsicherheit, Stellenstreichungen, Insolvenzen – viele Fachkräfte sind plötzlich verfügbar, während Unternehmen zurückhaltender einstellen. „Jobsuchende schreiben zum Teil zahlreiche Bewerbungen und hören oft: Nichts“, ergänzt Beate. „Gleichzeitig bleiben Stellenanzeigen monatelang online. Das sorgt für Verunsicherung.“ Was bedeutet das für die Vermittlung? Beate und Dominik erleben diesen Wandel hautnah.Täglich sprechen sie mit motivierten Bewerbenden, die auf Rückmeldungen warten – und mit Unternehmen, die zwar suchen, aber oft zögern. In diesem Spannungsfeld beginnt ihre eigentliche Arbeit: vermitteln, erklären, einordnen. Und vor allem: Menschen verstehen.
Vertrauen schlägt Lebenslauf
Bei Beate und Dominik zählt mehr als ein CV. „Klar, wir brauchen einen Lebenslauf – aber was wir wirklich wissen wollen, ist: Wer steckt dahinter?“, erklärt Dominik. Die Gespräche sind oft mehr als nur ein Interview. „Wir hören zu, bieten Raum für Frust, analysieren gemeinsam. Viele wissen, was sie wollen und auch, was sie nicht wollen. Wir bringen Menschen zusammen, nicht nur Profile und Stellenbeschreibungen“, sagt Dominik. Darum bleiben sie auch nach dem Matching in Kontakt. „Wenn’s passt – super! Wenn nicht, lernen wir daraus. Auch für das nächste Matching.“ Es sind oft die kleinen, persönlichen Dinge, die den Unterschied machen. Beate berichtet von Bewerbenden, die Jahre später erneut den Kontakt suchen – weil sie die Beratung als kompetent, verlässlich und partnerschaftlich erlebt haben. Oder von Unternehmen, die ihre halbe Belegschaft aus dem Fachkräftepool rekrutiert haben. „Da wächst was zusammen.“
CVs mit Ecken und Kanten – und viel Potenzial
Zwei Jahre bleiben, um sich zu beweisen? Diese Regel gilt längst nicht mehr uneingeschränkt. „Gerade junge Bewerbende wechseln heute häufiger“, sagt Beate. „Und das ist nicht per se negativ. Manchmal steckt hinter kurzen Stationen ein befristeter Vertrag, manchmal eine bewusste Entscheidung.“ Wichtig sei, so Dominik, „nicht nur auf die Fakten im CV zu schauen, sondern zu fragen: Warum ist jemand gegangen? Und was hat er oder sie daraus gemacht?“ Die Herausforderung: jeder Lebenslauf ist anders. Und nicht alle passen ins klassische Raster. „Manche Profile erscheinen auf den ersten Blick unruhig – doch hinter Wechseln und Lücken stecken oft nachvollziehbare Gründe und wertvolle Erfahrungen“, betont Dominik. „Und nicht immer liegt es an fehlender Motivation – manchmal ist auch unsere Unterstützung gefragt, den eigenen Weg im Lebenslauf stimmig darzustellen.”
Von Junior bis C-Level
Der Pool ist heute breiter denn je. „Früher waren es hauptsächlich Studierende und Berufseinsteiger, heute vermitteln wir zunehmend auf Senior- und C-Level“, erklärt Beate. Dominik ergänzt: „Vom Werkstudenten bis zum Geschäftsführer – die Bandbreite ist groß. Das macht die Arbeit spannend, aber auch anspruchsvoll.“
Kein Ort für Worthülsen
Die fachliche Qualifikation muss passen – dann kann man sich um die Darstellung der Soft Skills kümmern. Schlagworte wie „Teamplayer“, „kommunikationsstark“ und „belastbar“ allein sind nicht aussagekräftig. Beate und Dominik unterstützen dabei, die soziale Kompetenz im fachlichen Kontext darzustellen. „In welcher Situation hast du schon mal dein Talent als Teamplayer bewiesen? In welcher Situation warst du besonders kommunikationsstark? Was verstehst du unter belastbar?“ Mit dieser Haltung führen sie Gespräche, die Tiefe haben – und Bewerbende wie Unternehmen oft selbst überraschen. Der Vermittlungsprozess ist dabei erstaunlich schlank: Nach dem ersten Sichten des Lebenslaufs folgt eine Teams-Session – offen, direkt, ohne Umwege. Auf dieser Basis entstehen erste Vermittlungsvorschläge. „Oft geht es schnell – und unkompliziert“, sagt Beate. „Das ist für viele ein Aha-Erlebnis: dass Vermittlung nicht bürokratisch sein muss.“
Matching oder Beziehungsarbeit?
Ob ehemalige Bewerbende, die zurückkehren, Unternehmen, die Empfehlungen aussprechen, oder Kolleg:innen im CyberForum, die Talente im Blick haben – das System lebt vom Miteinander. „Wir sind Vermittler – und manchmal auch Seelsorger“, sagt Dominik. „Gerade wenn’s bei Bewerbenden mal nicht so läuft oder Mitarbeitende freigestellt werden. Persönliche Betreuung ist oftmals der Schlüssel zum Erfolg für beide Seiten.“ Viele Fachkräfte entdecken über das CyberForum Firmen, die sie vorher nicht kannten. „Nicht jede spannende Firma ist ein großer Brand“, sagt Beate. „Gerade die kleinen, nischigen Unternehmen suchen oft intensiv – und bieten tolle Arbeitsplätze.“ Ein ehrliches Gespräch mit beiden Seiten ist dabei essenziell. „Wir wollen wissen, wie das Team tickt, ob remote möglich ist, was für eine Kultur gepflegt wird. Das ist zum Teil entscheidender als das Fachliche.“
Auch ein Nein kann helfen
Nicht jede Vermittlung endet mit einem Vertrag – aber oft mit einem Erkenntnisgewinn. „Wir geben ehrliches Feedback im Beratungsgespräch“, sagt Dominik. „Auch wenn’s mal kritisch ist.“ Das wird von Bewerbenden geschätzt – besonders, weil es in klassischen Bewerbungsprozessen oft fehlt. „Unsere Beratung ist nicht standardisiert. Sie ist persönlich – und manchmal der erste Schritt zu einer ganz neuen Richtung.“
Und in Zukunft? „Wir entwickeln uns ständig weiter und die Ausrichtung des Fachkräftepools wird derzeit geschärft: Der Fokus des Fachkräftepools wird auf Professionals und Senior Professionals gelegt, die derzeit stark nachgefragt werden“, sagt Beate – und wir vermitteln zunehmend auch in C-Level-Positionen.