Auf einen Kaffee mit Dr. Markus Pilz (vectorsoft)

CyberForum 16.10.2025
Dr. Markus Pilz und Ariane Lindemann
Bildnachweis: Björn Pados

Markus Pilz hat Großkonzerne erlebt. Fujitsu, T-Systems, Kaufland. Heute führt er die vectorsoft AG und arbeitet an etwas, das in vielen Unternehmen fehlt: eine schnelle, robuste Art, Geschäftsanwendungen zu bauen, ohne jedes Mal bei Null zu beginnen. Sein Stichwort: visuelle Programmierung. Seine Werkzeuge: conzept 16 (die Plattform, mit der vectorsoft vor rund 40 Jahren Visual Programming in Deutschland mitprägte) und yeet, die moderne Web-Erweiterung darauf. Ariane Lindemann hat sich mit ihm auf einen Kaffee getroffen. Herausgekommen ist ein Gespräch über eine Entwicklung, die das Coden auf den Kopf stellt.

Im Mittelstand zählt die Sache: Kunde, Produkt, Team

Markus Weg nach Offenbach beginnt mit einem Entschluss: „Ich wollte unternehmerische Verantwortung, Strategie setzen, Tempo machen, ein Team aufbauen.“ 2019 steigt er bei vectorsoft ein, das Team wächst von zehn auf heute rund 25 Menschen. Die Rollenverteilung ist klar: Innovation vor Politik. „Im Mittelstand zählt die Sache. Kunde, Produkt, Team. Das macht es leicht, Energie auf das Richtige zu lenken.“

Das Prinzip ist ebenso pragmatisch wie modern: Bestehende Windows-Applikationen lassen sich schrittweise ins Web heben. Ideal für Betriebe mit knappen Budgets und vollen Roadmaps.

Worum es technisch geht, beschreibt Markus ganz einfach: „Konfigurieren statt programmieren.“ Masken, Buttons, Eingabefelder: funktioniert alles per Drag-and-Drop. Der Unterschied entsteht darunter: Die Oberfläche ist eng mit einer ausgereiften Datenbank verdrahtet. Geschäftsobjekte – vom Kundenstamm bis zur Bestellung – werden visuell definiert und sind sofort funktionsfähig. Ergebnis: Die Time-to-Market sinkt, Projekte kommen schneller ins Rollen und Fachabteilungen können Features liefern, die sonst im Backlog hängen bleiben. „Unsere Kunden bauen damit ganze ERP-Lösungen, inklusive zusätzlicher Finanzmodule, wenn es sein muss.“

Mit yeet hat vectorsoft das Frontend modernisiert und konsequent aufs Web ausgerichtet. „Wer schon einmal mit Webbaukästen gearbeitet hat, findet sich schnell zurecht. Der zweite, oft unterschätzte Punkt ist die Skalierung. Während viele Low-Code-Ansätze bei wachsenden Nutzerzahlen ins Schwitzen geraten, fährt vectorsoft auf einer leistungsstarken, langjährig bewährten Datenbank. 24/7-Betrieb mit Hot-Standby ist gelebte Praxis.“

Der nächste Schritt ist für Markus klar: Künstliche Intelligenz soll die Plattform künftig noch leistungsfähiger machen. Erste KI-Module befinden sich bereits in der Testphase. Sie unterstützen Entwickler:innen beim Erstellen von Anwendungen und beschleunigen Routineprozesse. „KI soll kein Zusatztool bleiben, sondern Teil des Systems werden“, sagt er.

Nachhaltigkeit? Ganz pragmatisch gedacht

Ein starkes Signal an IT-Leiter:innen: Abwärtskompatibilität. Anwendungen, die vor 20 oder 30 Jahren mit conzept 16 gebaut wurden, laufen nach einem Plattform-Update weiter. Ohne Komplettneubau, ohne Datenverlust. Für Bestandskunden ist das eine Brücke in die Web-Welt: Vorhandenes andocken, modernisieren, migrieren. Schritt für Schritt.
Nachhaltigkeit denkt vectorsoft auch operativ mit. Die eigene Cloud für Kundenprojekte läuft auf Solarstrom vom eigenen Dach.

Produktstrategie heißt: den Kunden genau zuhören

Strategische Entwicklung passiert bei vectorsoft auf zwei Kanälen: Megatrends beobachten und Kunden eng einbinden. „Wir fragen sehr direkt: Wo drückt der Schuh? Wofür braucht ihr uns morgen?“ Aus diesem Dialog entstehen Roadmaps. Zuletzt auch ein Proof of Concept, der Low-Code mit KI-Services verzahnt. Ziel: Softwareentwicklung weiter beschleunigen, aber innerhalb einer kontrollierten Plattform.
Die Integration von KI ist dabei kein Selbstzweck, sondern folgt den Bedürfnissen der Anwender:innen. „Wir sehen KI nicht als Ersatz für den Menschen, sondern als Werkzeug, das Routinearbeit abnimmt und kreatives Denken ermöglicht.“

Ein Team, das mitdenkt – bald auch mit KI

Was sein Team besonders macht? Neugier, Eigenantrieb, Lust auf Neues. Innovationsthemen wirken als Motivator. Strukturell setzt Markus auf klare Routinen: wöchentliche Sprints, Roadmap-Planungen, enge Taktung mit den Schlüsselrollen. Seit Anfang des Jahres wird Markus von einem Vice President in der Unternehmensführung unterstützt. Das verschafft mehr Raum für Strategie und Partnerschaften.

Auch im Team spielt das Thema KI längst eine wichtige Rolle. Entwickler:innen und Produktmanager:innen arbeiten gemeinsam an Szenarien, wie intelligente Assistenzfunktionen die Arbeit erleichtern können. Immer mit dem Ziel, Technologie verständlich und nahbar zu machen.

Die härteste Nuss im Aufbau? Gute Sales-Mitarbeitende zu finden. „Entwickler:innen waren nie das Problem, aber Vertrieb ist im B2B-Softwaregeschäft ein echter Engpass. Umso wichtiger ist das Netzwerken.“ Erst kürzlich hat vectorsoft das Vertriebsteam verstärkt. Ein wichtiger Schritt, aber klar ist: Hier wird weiter aufgebaut werden müssen.

Warum Netzwerke so wichtig sind

Webseite und Rankings sind nett. Vertrauen entsteht im Gespräch. Deshalb ist vectorsoft im CyberForum unterwegs, auch wenn Karlsruhe von Offenbach aus nicht um die Ecke liegt. Perspektivisch denkt Markus über eine physische Präsenz in der Region nach. Dort, wo Mittelstand, Startups und KIT eng miteinander arbeiten. „Genau dieses Zusammenspiel treibt Innovation und macht uns als Anbieter sichtbar.“

Ausgleich findet Markus auf dem Wasser. Kitesurfen, so oft es der Kalender zulässt. Dazu Tennis und Yoga. Drei Worte für sich selbst? Zielorientiert, fokussiert, neugierig.