KI ist angekommen. Und jetzt?

CyberForum 19.05.2025

Künstliche Intelligenz ist endgültig raus aus dem Elfenbeinturm. Forschung? Immer noch wichtig. Aber der Einsatz in der Praxis – das ist es, worauf es jetzt ankommt. Nur: Wer soll das eigentlich machen? Wer traut sich? Und was braucht es, damit aus einem guten Gedanken ein funktionierender Prozess wird?

Bei der KI Connect wurde am 15. Mai genau darüber gesprochen – mit über 120 Besucher:innen. Nicht im Konferenzsprech, sondern mit echten Beispielen, ehrlichen Einblicken – und einer Frage, die sich durch den Tag zog: Wie holen wir KI aus der Theorie in den Betrieb – und was brauchen wir dafür wirklich?

Begrüßt wurde das Publikum im CyberForum von David Hermanns, unter den Gästen auch Wolfgang Grenke und Friedrich Georg Hoepfner. Die Moderation übernahmen Prof. Steffen Kinkel und Sophia John.

Gleich zum Auftakt machte die Keynote von Prof. Matthias Wölfel klar: Die Möglichkeiten von Large Language Models sind enorm – aber ihr Nutzen hängt davon ab, wie gut sie verstanden und eingebettet werden. Nur weil etwas „KI“ heißt, ist es noch lange kein Fortschritt.

Wo KI schon wirkt – und was fehlt

Ob bei der Müllvermeidung, in der Produktion oder beim Wissensmanagement – die Beispiele aus der Praxis waren vielfältig und greifbar:

EDI GmbH etwa nutzt KI zur Stauprognose – das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch CO₂-Emissionen. Zudem helfen ihre digitalen Zwillinge, etwa in Müllverbrennungsanlagen, Effizienzpotenziale zu heben. Heimat Software stellte eine Lösung vor, mit der sich Mitarbeitende so einsetzen lassen, dass sie ihr volles Potenzial entfalten können. Ganz nach dem Motto: „Mit der gleichen Mannschaft mehr leisten.“ Kinemic brachte mit „smarten Werkzeugen“ Ordnung in manuelle Prozesse – mit Sensoren, die erkennen, ob Werkzeuge korrekt genutzt werden. In der zweiten Pitchrunde überzeugte Ariadne Industries mit einem System zur intelligenten Wissensorganisation in KMU. COMPAILE Solutions zeigte mit „BauIdent“, wie bildgestützte Objekterkennung auf der Baustelle funktioniert – ein Paradebeispiel dafür, wie KI ganz konkret helfen kann.

Menschenzentriert statt technikverliebt

In der anschließenden Paneldiskussion war schnell klar: Technische Hürden sind selten das Problem. Vielmehr sind es Prozesse, die noch nicht mitgedacht – oder Menschen, die nicht mitgenommen wurden. Mitarbeitende, die sich fragen: Beobachtet mich die KI? Bewertet sie mich?

Dr. Christoph Amma von Kinemic erklärte: „Sensorik, die sehr nah am Menschen dran ist, weckt Ängste. Hier muss man früh mit Betriebsrat und Team ins Gespräch gehen.“ Dem pflichtete Prof. Steffen Kinkel bei, betonte jedoch einen weiteren Punkt: „Vertrauen ist gut, aber blindes Vertrauen nicht. Wir brauchen eine menschenzentrierte KI – mit Transparenz und Kontrolle.“ Thomas Usländer vom Fraunhofer Institut IOSB brachte die Perspektive der Umsetzbarkeit ein: „Wenn die Technik zu sehr im Vordergrund steht, wird sie schnell unbrauchbar.“ Entscheidend sei, dass Ziel, Geschäftsmodell und Umsetzung zusammenpassen – mit einem klaren Blick auf echte Probleme, nicht auf technische Spielereien.

Das Kompetenzzentrum KARL zeigte, wie das gehen kann: Eine KI zur Schichtplanung wurde gemeinsam mit Mitarbeitenden und Betriebsrat entwickelt – partizipativ, praxistauglich und akzeptiert.

Take aways

Viele Unternehmen stehen bereit, aber der Weg zur Umsetzung scheitert oft an Ressourcen. Dabei existieren vielfältige Förderprogramme. Charlène Fischer vom EDIH AICS rief auf: „Ob Innovationsgutscheine vom Land oder Horizon Europe – die Angebote sind da. Aber sie sind noch zu wenig bekannt.“ Mehr zu den Fördermöglichkeiten

Prof. Steffen Kinkel betonte abschließend: „Es braucht keine Spezialkenntnisse in neuronalen Netzen. Was zählt, sind technische Grundkompetenzen – und die Bereitschaft, Veränderung gut zu managen.“

Ob als Idee, Impuls oder Inspiration – dieser Tag hat Spuren hinterlassen, er war nachhaltig. Wer weiß: Vielleicht sehen wir das eine oder andere Team davon schon bald beim NEO Innovationspreis der TechnologieRegion Karlsruhe wieder.

 Mehr zu KI Connect
 Kompetenzzentrum KARL

Die vorgestellten KI-Projekte im Überblick: EDI GmbH · Heimat Software · Kinemic · Neoception · Weyp AG · Bytefabrik AI · Ariadne Industries · HICO Group · COMPAILE Solutions · Adjusted Flow · Pickert & Partner

Kompetenzzentrum KARL

Ziel von KARL ist es, menschzentrierte, transparente und lernförderliche, KI-unterstützte Arbeits- und Lernsysteme zu konzipieren und in konkreten Praxisanwendungen vorzeigbar zu machen. Das Projekt richtet sich an Unternehmen, Beschäftigte und Interessierte in der Region Karlsruhe, die sich KI-unterstützte Arbeits- und Lernsysteme einsetzen, damit auseinandersetzen oder diese besser verstehen wollen. KARL ist eines von aktuell acht regionalen Kompetenzzentren, welches die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Lern- und Arbeitswelt untersucht.

Das CyberForum ist Teil des Projektkonsortiums und hauptsächlich mit der Öffentlichkeitsarbeit, dem Community-Management sowie dem Nachhaltigkeitskonzept betraut. Konsortialführer ist die Hochschule Karlsruhe. Projektpartner sind neben sieben Forschungs- bzw. Transferpartnern auch zehn regionale Unternehmen.

Bis 2026 wird KARL vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit knapp zehn Millionen Euro gefördert.

von Ariane Lindemann